MEHL:
- Anne

- 25. Nov.
- 14 Min. Lesezeit
Warum unsere Beziehung zu Getreide neu gedacht werden muss
Mehl galt lange als unschuldige Grundzutat unseres Alltags. Es war immer verfügbar, wurde nie hinterfragt und gehörte so selbstverständlich auf den Tisch wie Luft zum Atmen. Doch ähnlich wie beim Zucker wird immer deutlicher: Das Problem ist nicht das Mehl selbst, sondern das System, aus dem es hervorgegangen ist – ein System, das ursprünglich für Mangelsituationen geschaffen wurde und heute im Überfluss weiterläuft.
Weißmehl – ein Produkt aus Kriegslogik und Industrialisierung
Weißmehl ist kein natürlicher Zustand von Getreide. Es entstand in einer Zeit, in der man vor allem eines brauchte: viele Menschen schnell und zuverlässig satt zu bekommen. Während der Weltkriege und in anderen Krisenzeiten war es essenziell, Lebensmittel herzustellen, die sich lange lagern, gut transportieren und in großen Mengen produzieren ließen. Durch das Entfernen von Keimling und Schale wurde das Mehl haltbarer und leichter industriell zu verarbeiten. In jener Zeit war das ein echter Fortschritt. Heute jedoch leben wir nicht mehr im dauerhaften Mangel – wir nutzen aber weiterhin ein System, das genau dafür geschaffen wurde.
Warum Weizenmehl heute Schwierigkeiten bereitet
Das moderne Weizenmehl, wie wir es heute in Broten, Gebäck, Pasta oder Snacks finden, hat nur noch wenig mit dem ursprünglichen Korn zu tun, das unsere Vorfahren angebaut haben. Über Jahrzehnte wurde der Weizen so stark industrialisiert, verarbeitet und auf Ertrag optimiert, dass dabei genau jene Bestandteile verloren gegangen sind, die Getreide ursprünglich wertvoll machten. Übrig bleibt ein feines, helles Pulver, das sich zwar hervorragend für Maschinen, Großbäckereien und Massenproduktion eignet, unseren Körper jedoch wenig nachhaltig ernährt.
Während des Mahlprozesses werden Schale und Keimling entfernt – jene Teile des Korns, die reich sind an Ballaststoffen, Mineralstoffen, Vitaminen und gesunden Fetten. Genau diese Stoffe bräuchte unser Stoffwechsel, um stabil, ruhig und langfristig gesund zu bleiben. Stattdessen bleibt fast ausschließlich Stärke übrig. Diese gelangt sehr schnell ins Blut, lässt den Blutzucker abrupt ansteigen und zwingt den Körper zu einer intensiven Insulinreaktion. Für unseren Stoffwechsel bedeutet das Stress: ein ständiges Auf und Ab, das auf Dauer zu Insulinresistenz, Energietiefs und vermehrtem Hungergefühl führen kann. Kinder reagieren oft besonders sensibel darauf, weil ihr Stoffwechsel schneller arbeitet und sie schneller in diesen Kreislauf aus Blutzuckerspitzen und -abfällen geraten.
Doch nicht nur die feine Verarbeitung ist ein Problem. Auch die Eiweißstruktur des modernen Weizens hat sich über die letzten Jahrzehnte stark verändert. Durch Züchtungen, die auf hohen Ertrag und gute Backeigenschaften ausgelegt wurden, ist der Glutengehalt vieler Weizensorten gestiegen. Gleichzeitig hat sich die Zusammensetzung der Glutenproteine gewandelt. Viele Menschen berichten, dass sie Weizen schlechter vertragen als früher. Sie leiden nach dem Verzehr unter Blähungen, Müdigkeit, Bauchschmerzen oder einem unangenehmen Druckgefühl – ohne dass eine Zöliakie vorliegt. Diese Empfindlichkeit hängt häufig nicht mit „Gluten an sich“, sondern mit der veränderten Glutenstruktur und der Begleitstoffzusammensetzung des modernen Weizens zusammen.
Ein weiterer Punkt, der oft unterschätzt wird, ist die Belastung durch Rückstände aus der konventionellen Landwirtschaft. Weizen wird weltweit in großem Umfang angebaut, häufig in Monokulturen und mit intensivem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Zwar liegen diese Rückstände in unseren Lebensmitteln meist unter den gesetzlichen Grenzwerten, doch gerade bei Kindern kann die Summe aus vielen kleinen Quellen – Brot, Nudeln, Kekse, Snacks – zu einer höheren Gesamtbelastung führen. Der kindliche Organismus ist kleiner, empfindlicher und reagiert oft stärker auf chemische Einflüsse.
Wenn man all diese Aspekte zusammennimmt, wird deutlich, dass das Problem nicht das Korn selbst ist. Weizen ist an sich kein „schlechtes“ Lebensmittel. Es ist die moderne Verarbeitung, die Hochzüchtung und die Art, wie wir ihn täglich konsumieren, die ihn für viele Menschen schwer verträglich macht. Ein Getreide, das früher Energie, Vitalstoffe und Kraft liefern sollte, ist heute zu einem Produkt geworden, das unseren Körper oft mehr fordert als nährt.
Dinkel – ein beliebtes Korn mit Licht und Schatten
Dinkel erlebt seit einigen Jahren ein beeindruckendes Comeback. Viele Menschen greifen zu Dinkel, weil sie ihn als bekömmlicher und nährstoffreicher empfinden oder weil sie eine gesündere Alternative zum modernen Weizen suchen. Und tatsächlich: Dinkel kann ein wertvolles Getreide sein – aber nur, wenn man versteht, was hinter seinem Image steckt. Denn nicht alles, was über Dinkel erzählt wird, ist so eindeutig, wie es klingt.
Dinkel stammt ursprünglich aus alten Getreidearten, die lange vor dem modernen Weizen angebaut wurden. Diese älteren Linien waren robust, anspruchslos und entwickelten sich in einer Zeit, in der Pflanzen noch nicht industrialisiert waren. Genau dieses ursprüngliche Erbe hat dazu geführt, dass Dinkel bis heute als „uriger“, naturnaher Weizen wahrgenommen wird. Doch die Realität ist differenzierter. Der Großteil des Dinkels, den wir heute im Supermarkt finden, stammt aus modernen Züchtungen, die im Laufe der letzten Jahrzehnte so angepasst wurden, dass sie höhere Erträge liefern, maschinengängig sind und ähnliche Verarbeitungseigenschaften besitzen wie Weizen. Das bedeutet: Die meisten heute verbreiteten Dinkelsorten sind nicht mehr so „ursprünglich“, wie das Marketing es gern darstellt.
Seine Glutenstruktur ist einer der am meisten diskutierten Aspekte. Dinkel enthält, entgegen der weit verbreiteten Annahme, nicht weniger Gluten. Teilweise liegt sein Glutengehalt sogar höher als der von Weizen. Es stimmt zwar, dass die Eiweißstruktur im Dinkel etwas anders aufgebaut ist und manche Menschen ihn deshalb subjektiv besser vertragen. Doch für Menschen mit empfindlichem Darm, mit Weizensensitivität oder mit stillen Entzündungen kann Dinkel ähnlich belastend sein wie Weizen. Für Zöliakie-Betroffene ist er genauso ungeeignet.
Ernährungsphysiologisch wird Dinkel oft gelobt, weil er mehr Mineralstoffe enthält als manche Weizensorten. Doch dieser Vorteil zeigt sich fast ausschließlich dann, wenn Dinkel als Vollkorn verzehrt wird. Feine Dinkelmehle wie Typ 630 unterscheiden sich in ihrer Wirkung kaum von Weißmehl aus Weizen. Sie lassen den Blutzucker rasch ansteigen, sättigen nur kurz und liefern nur wenig Ballaststoffe. Deshalb ist es ein weit verbreitetes Missverständnis, dass Dinkelprodukte automatisch „gesünder“ seien. Entscheidend ist auch hier der Mahlgrad und die Verarbeitung. Ein vollwertiges Dinkelbrot aus einer guten Mühle ist etwas anderes als ein helles Dinkelbrötchen aus dem Supermarkt.
Es gibt jedoch tatsächlich Dinkelsorten, die ursprünglicher geblieben sind, etwa Oberkulmer Rotkorn oder Schwabenkorn. Diese Linien wurden weniger stark verändert, werden häufig von kleineren oder biologischen Betrieben angebaut und gelten als aromatischer und etwas bekömmlicher. Allerdings sind sie im Handel deutlich seltener zu finden und müssen oft bewusst gesucht werden.
Mit seinen Vorteilen kann Dinkel durchaus punkten. Er hat ein kräftiges, leicht nussiges Aroma, das viele Menschen schätzen. In der Küche ist er vielseitig verwendbar – für Brot, Nudeln, Pfannkuchen oder Gebäck. Seine Struktur macht Teige oft geschmeidig und gut formbar. Gleichzeitig enthält Dinkel tendenziell mehr Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe als stark industrialisierte Weizensorten, sofern er als Vollkorn verarbeitet wird. Wer Dinkel aus kleinbäuerlichem oder ökologischem Anbau erhält, profitiert zusätzlich von schonenderer Landwirtschaft, gesünderem Boden und einer geringeren Belastung mit Rückständen.
Doch Dinkel hat auch seine Schattenseiten. Er ist empfindlicher gegenüber Wetterereignissen und benötigt mehr Hüllschichten, was seine Verarbeitung aufwendiger macht. Dadurch ist er teurer, was manche Familien vom regelmäßigen Kauf abhält. Seine höheren Glutenanteile können für Menschen mit stillen Entzündungen, Darmproblemen oder moderner Weizensensitivität ebenfalls ungünstig sein – oft unterschätzt, weil er fälschlicherweise als „mild“ gilt. Zudem ist der Geschmack für manche Kinder ungewohnt, besonders wenn sie überwiegend Weißmehlprodukte gewohnt sind.
Insgesamt betrachtet ist Dinkel ein wertvolles Korn, das durchaus eine Bereicherung sein kann – aber nicht das Wundermittel, als das es manchmal dargestellt wird. Er ist eine gute Alternative zu modernem Weizen, wenn man Wert auf Geschmack, Regionalität und etwas mehr Nährstoffdichte legt. Er ist aber keine Lösung für alle Verträglichkeitsprobleme, keine Garantie für bessere Gesundheit und kein magisches „Urgetreide“, das alle Nachteile des heutigen Mehls aushebelt. Wer Dinkel bewusst auswählt, idealerweise aus kleineren Betrieben, in ursprünglicheren Sorten und als Vollkorn, kann davon profitieren. Wer ihn jedoch als automatisch gesunde Weißmehl-Alternative betrachtet, greift womöglich nur zu einer anderen Variante desselben Problems.
Wenn man Dinkel in diesem Licht betrachtet, zeigt sich klar: Er ist ein gutes Korn, ein ehrliches Korn – aber er ist nur dann ein wirklicher Gewinn, wenn wir ihn bewusst einsetzen, seine Grenzen kennen und ihn in ein vielfältiges, nährstoffreiches Ernährungsmuster einbetten.
Emmer & Einkorn – die Kraft der Urgetreide
Urgetreide erleben eine Renaissance – und das aus gutem Grund. Emmer und Einkorn sind genetisch kaum verändert, stammen aus einer Zeit, in der Pflanzen natürlich robust statt industriell effizient sein mussten, und bringen daher Eigenschaften mit, die wir in unserer Ernährung heute schmerzlich vermissen.
Emmer – intensiv, mineralstoffreich und uralt
Emmer, oft „Zweikorn“ genannt, gehört zu den allerersten Getreiden der Menschheit. Seine langen Halme, seine Dunkelfärbung und sein festes Korn sind typisch für ursprüngliche Pflanzen.
Emmer enthält tendenziell mehr Mineralstoffe, insbesondere Magnesium und Zink, sowie sekundäre Pflanzenstoffe, die antioxidativ wirken. Sein Gluten ist anders aufgebaut als das moderner Getreide, was viele Menschen als bekömmlicher empfinden.
Emmer hat einen leicht nussigen, kräftigen Geschmack. Er eignet sich hervorragend für Brot, herzhafte Brötchen, Pasta, Pfannkuchen oder Waffeln. Aufgrund des festeren Glutens lohnt es sich, Emmermehl mit anderen Mehlen zu mischen oder die Teige länger ruhen zu lassen.
Einkorn – das Goldkorn
Einkorn gilt als eines der ursprünglichsten Getreide überhaupt. Seine kleinen, goldgelben Körner enthalten viele Carotinoide, was ihm seine intensive Farbe verleiht.
Einkorn liefert wertvolle Antioxidantien, insbesondere Lutein, das wichtig für die Augengesundheit ist. Sein Eiweißprofil ist anders als das moderner Weizen – weniger geeignet für elastische Teige, aber oft gut verträglich.
Einkorn hat ein mildes, leicht süßliches Aroma und eignet sich deshalb wunderbar für feine Backwaren, Pfannkuchen, Crêpes oder Kuchen. Auch für Brot ist es geeignet, allerdings meist in Kombination mit Dinkel, Emmer oder etwas Weizen.
Warum Urgetreide wirklich interessant sind
Sie sind weniger verändert, wachsen langsamer, gedeihen auf nährstoffreichen Böden kleiner Betriebe oft besser und bringen Geschmack und Vitalstoffe mit, die im modernen Getreidesystem verloren gegangen sind. Sie zwingen uns, bewusster mit Mehl umzugehen – und das ist eine Qualität für sich.
Glutenfreie Alternativen – vielfältiger als gedacht
Glutenfreie Mehle werden oft über einen Kamm geschert, dabei unterscheiden sie sich stark in Nährwert, Geschmack und Backeigenschaften:
Buchweizen – kraftvoll, darmfreundlich und besonders wertvoll für Frauen
Buchweizen wird oft übersehen, weil sein Name irreführend klingt. Er ist kein Weizen, kein Getreide und hat mit Gluten nichts zu tun. Botanisch gehört er zu den Knöterichgewächsen und ist damit eher mit Rhabarber verwandt als mit klassischem Getreide. Genau diese Besonderheit macht ihn so interessant: Er ist nahrhaft, mineralstoffreich, glutenfrei und besitzt eine Zusammensetzung, die in unserer heutigen Ernährung eine wertvolle Lücke füllt.
Buchweizen enthält eine Reihe von Inhaltsstoffen, die unseren Darm in idealer Weise unterstützen. Seine löslichen Ballaststoffe wirken wie eine sanfte Pflege für die Darmschleimhaut, weil sie von den guten Darmbakterien besonders gern verstoffwechselt werden. Dadurch entstehen kurzkettige Fettsäuren, die wiederum helfen, Entzündungen im Darm zu reduzieren und die Darmbarriere zu stärken. Ein gesunder Darm ist nicht nur für die Verdauung wichtig, sondern auch für ein starkes Immunsystem, stabile Energie und sogar für die psychische Ausgeglichenheit. Menschen, die unter Blähungen, Reizdarm oder unspezifischen Verdauungsproblemen leiden, berichten oft, dass Buchweizen ihnen guttut – wahrscheinlich, weil er den Darm nährt, statt ihn zu reizen.
Besonders spannend ist Buchweizen aber für Frauen. Er enthält Rutin, ein stark antioxidativ wirkendes Pflanzenpigment, das die Blutgefäße stärkt und entzündungshemmend wirkt. Viele Frauen kennen das Gefühl schwerer Beine, zyklusbedingte Wassereinlagerungen oder Müdigkeit durch schwankende Eisenwerte. Obwohl Buchweizen selbst nicht übermäßig viel Eisen enthält, verbessert Rutin die Aufnahme und Verwertung bestimmter Mineralstoffe im Körper. Außerdem wirkt es stabilisierend auf die Gefäße, was die Durchblutung unterstützt – ein Faktor, der bei Menstruationsbeschwerden, Kreislaufproblemen oder in den Wechseljahren eine Rolle spielen kann.
Hinzu kommt, dass Buchweizen von Natur aus frei von Gluten ist und daher den Darm nicht zusätzlich belastet. Viele Frauen reagieren sensibler auf moderne glutenreiche Getreide, ohne eine diagnostizierbare Zöliakie zu haben. Die Kombination aus leichter Verdaulichkeit, darmfreundlichen Ballaststoffen und gleichzeitig hoher Nährstoffdichte macht Buchweizen zu einem idealen Lebensmittel für Frauen, die ihren Körper stärken möchten, ohne ihn zu überfordern.
Er passt zudem hervorragend in den Alltag. Buchweizenmehl eignet sich wunderbar für herzhafte Pfannkuchen, Waffeln, Crêpes oder als Bestandteil von Brotteigen. Das ganze Korn kann gekocht werden wie Reis, warm als Beilage oder kalt als Basis für Salate. Sein Geschmack ist herzhaft-nussig und bringt eine Tiefe mit, die vielen Mahlzeiten fehlt, wenn sie zu sehr aus Weißmehl und schneller Stärke bestehen.
Buchweizen ist damit mehr als nur ein glutenfreier Ersatz. Er ist ein echtes Kraftpaket, das besonders Frauen unterstützt – auf hormoneller Ebene, durch seine antioxidativen Eigenschaften, durch seine darmfreundliche Wirkung und durch seine stabile, nachhaltige Energie. In einer Ernährung, die oft zu viel schnelle Stärke und zu wenig echte Nährstoffvielfalt bietet, ist Buchweizen ein Lebensmittel, von dem wir alle, aber insbesondere Frauen, deutlich mehr profitieren können.
Reismehl – mild, verträglich, aber nicht unproblematisch
Reismehl ist geschmacklich sehr mild und daher ideal für Menschen mit empfindlicher Verdauung oder für feine Backwaren. Seine leichte, neutrale Textur macht es beliebt in glutenfreien Mischungen. Ernährungsphysiologisch besteht Reismehl jedoch fast ausschließlich aus Stärke, was zu schnellen Blutzuckeranstiegen führt – ähnlich wie bei Weißmehl.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt, der oft übersehen wird: Reis kann natürlicherweise Arsen aus dem Boden aufnehmen. Dieses Arsen ist ein natürlich vorkommendes Element, das weltweit in Böden vorkommt, jedoch von Reispflanzen besonders effizient aufgenommen wird.
Das bedeutet nicht, dass Reis grundsätzlich „gefährlich“ wäre – aber es spricht dafür, Reis und Reisprodukte nicht täglich oder in großen Mengen zu konsumieren, vor allem bei Kindern. Besonders Produkte wie Reiswaffeln, Reismilch oder Reisbrei können bei häufigem Konsum zu einer höheren Gesamtaufnahme führen.
In moderaten Mengen und in Kombination mit ballaststoffreichen, nährstoffdichten Mehlen kann Reismehl dennoch ein wertvoller Bestandteil glutenfreier Ernährung sein – aber es sollte nicht die einzige oder dominante Mehlalternative sein.
Maismehl – sonnig, aromatisch, aber beim Einkauf aufmerksam wählen
Maismehl bringt Wärme und Aroma in viele Gerichte. Es verleiht Tortillas ihre typische Farbe, macht Polenta cremig und gibt Backwaren eine leicht süßliche Note. Außerdem enthält Mais wertvolle Carotinoide wie Lutein und Zeaxanthin, die die Augengesundheit unterstützen.
Ernährungsphysiologisch gehört Mais zu den schnell verfügbaren Kohlenhydraten und hat einen hohen glykämischen Index. Deshalb lässt er den Blutzucker zügig ansteigen und eignet sich allein nur eingeschränkt für Brot oder Backwaren, aber sehr gut als Bestandteil von Mischungen.
Ein Punkt ist jedoch wichtig und wird oft übersehen: Ein Großteil des weltweit angebauten Maises – insbesondere in Nicht-EU-Ländern – ist gentechnisch verändert.
Während innerhalb der EU strenge Regeln gelten und genmanipulierter Mais kaum im Lebensmittelbereich landet, sieht es in Ländern wie den USA, Brasilien oder Argentinien anders aus. Dort ist gentechnisch veränderter Mais großflächig im Einsatz.
Das bedeutet für Verbraucher:
Beim Kauf lohnt es sich, auf die Herkunft zu achten.
Wer Maismehl aus Europa oder aus kontrolliert biologischem Anbau wählt, geht in der Regel sicher, gentechnisch veränderte Varianten zu vermeiden.
Mais kann also eine bereichernde, geschmacklich attraktive Zutat sein – vorausgesetzt, man achtet auf die Qualität und das Herkunftsland.
Langfristige Auswirkungen einer Mehl- und stärkeintensiven Ernährung
Wenn unsere Ernährung über viele Jahre hinweg stark von Weißmehl, feinem Dinkelmehl oder stärkehaltigen glutenfreien Alternativen wie Reis- und Maismehl geprägt ist, entsteht eine Belastung für den Körper, die sich zunächst kaum bemerkbar macht. Die Veränderungen entwickeln sich langsam und unauffällig, doch je länger sie anhalten, desto deutlicher zeigen sich ihre Auswirkungen auf den Stoffwechsel, den Darm und die allgemeine Gesundheit.
Eine der wichtigsten Folgen ist die ständige Schwankung des Blutzuckerspiegels. Da feine Mehle fast ausschließlich aus Stärke bestehen, gelangt der Zucker sehr schnell ins Blut. Der Körper reagiert darauf mit einer entsprechend hohen Ausschüttung von Insulin. Wenn diese Belastung mehrmals täglich stattfindet, gerät der Stoffwechsel in eine Art Dauerstress. Die Zellen werden mit der Zeit weniger empfindlich für Insulin, was die Entstehung einer Insulinresistenz begünstigt. Gleichzeitig treten häufige Energietiefs, Müdigkeit und Heißhunger auf, weil der Blutzuckerspiegel immer wieder rapide abfällt. Bei Kindern fällt dieser Effekt oft besonders stark auf, da ihr Stoffwechsel sensibler reagiert und sie deutlich schneller wieder hungrig oder unruhig werden.
Durch die ständige Verfügbarkeit schnell verwertbarer Energie steigt außerdem das Risiko, dass überschüssige Kalorien als Fett eingelagert werden. Dieses Fett sammelt sich bevorzugt im Bauchraum an und kann langfristig zu einer nicht-alkoholischen Fettleber beitragen – einer Erkrankung, die inzwischen nicht nur Erwachsene, sondern erschreckend häufig auch Kinder betrifft. Bauchfett ist zudem hormonell aktiv und setzt Stoffe frei, die stille Entzündungen im Körper begünstigen. Diese chronischen Entzündungsprozesse verursachen oft keine akuten Beschwerden, belasten aber das Immunsystem und werden mit zahlreichen gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte hormonelle Dysbalancen und allgemeine Erschöpfungszustände.
Ein weiterer Aspekt betrifft den Darm. Da Weißmehl kaum Ballaststoffe enthält, bekommen die nützlichen Darmbakterien über längere Zeit zu wenig Nahrung. Die Vielfalt der Darmflora nimmt ab, und das Gleichgewicht verschiebt sich langsam in Richtung ungünstiger Mikroorganismen. Das kann sich nicht nur durch Blähungen, Völlegefühl oder Verdauungsstörungen bemerkbar machen, sondern auch das Immunsystem schwächen, da ein Großteil unserer Abwehrleistung im Darm organisiert wird. Manche Menschen berichten außerdem von vermehrter Müdigkeit oder Stimmungsschwankungen, was durchaus plausibel ist, da der Darm einen erheblichen Einfluss auf das Nervensystem hat und unter anderem an der Produktion von Serotonin beteiligt ist.
Hinzu kommt, dass eine mehlintensive Ernährung trotz ihres hohen Kaloriengehalts erstaunlich wenige Mikronährstoffe liefert. Weißmehlprodukte füllen den Magen, versorgen den Körper aber kaum mit Mineralstoffen, Vitaminen oder sekundären Pflanzenstoffen. So kann es zu einem paradoxen Zustand kommen: Wir nehmen genug oder sogar zu viele Kalorien auf, aber zu wenig Nährstoffe. Besonders betroffen sind Mineralstoffe wie Magnesium und Zink sowie B-Vitamine, die für Energie, Konzentration und die Nervengesundheit essenziell sind. Wer häufig zu schnellen Mehlspeisen greift, fühlt sich deshalb oft erschöpft, obwohl rein theoretisch genügend Energie aufgenommen wurde.
Insgesamt entsteht ein Ernährungsmuster, das den Körper zwar kurzfristig versorgt, ihn aber langfristig unterversorgt. Die Kombination aus Blutzuckerbelastung, viszeralem Fett, stillen Entzündungen, einer geschwächten Darmflora und einem Mangel an Mikronährstoffen bildet einen Kreislauf, der sich über Jahre hinweg negativ auf Wohlbefinden und Gesundheit auswirken kann. Genau deshalb lohnt es sich, die Wahl der Mehle bewusster zu treffen und wieder häufiger zu ursprünglicheren, nährstoffreicheren und ballaststoffhaltigen Alternativen zu greifen
Die Laugenbreze hat in unserer Kultur einen beinahe unschlagbaren Sympathiebonus. Sie ist günstig, überall erhältlich, handlich und scheint auf den ersten Blick ein unkomplizierter Snack zu sein, den man Kindern schnell in die Hand drücken kann. Doch ihr guter Ruf hält einer genaueren Betrachtung kaum stand. Eine Laugenbreze besteht im Kern aus Weißmehl, etwas Fett und reichlich Salz. Sie enthält kaum Ballaststoffe, kaum Vitamine, kaum Mineralstoffe – im Grunde liefert sie schnelle Energie, aber wenig Substanz. Der Blutzucker steigt nach dem Verzehr rasant an und fällt genauso schnell wieder ab. Für Kinder bedeutet das: Erst ein Energieschub und kurze Zeit später erneuter Hunger, Müdigkeit oder Quengeligkeit. Genau dieser Wechsel zwischen schnellen Spitzen und abrupten Tiefs kann langfristig ungünstige Essmuster fördern.
Hinzu kommt, dass die Laugenbreze häufig mit einem Missverständnis einhergeht. Sie wirkt harmlos, weil sie kein Süßgebäck ist und weil wir sie mit traditionellen Backwaren verbinden. In Wahrheit unterscheidet sie sich in ihrer ernährungsphysiologischen Wirkung kaum von anderen Weißmehlprodukten, die schnell durch den Verdauungstrakt rauschen, ohne dem Körper viel mitzugeben. Gerade Kinder entwickeln durch solche Snacks die Gewohnheit, dass Hunger am besten mit schnellen, hellen Backwaren gestillt wird. Das macht sie kurzfristig zufrieden, aber langfristig wenig satt und kaum gut versorgt.
Was können wir stattdessen in die Hand drücken? Oft braucht es keine komplizierten Alternativen, sondern lediglich eine bewusstere Wahl. Ein einfaches Vollkornbrötchen, frisch und idealerweise aus regionaler Bäckerei, wirkt im Körper ganz anders: Es hält länger satt, liefert Mineralstoffe, B-Vitamine und Ballaststoffe, die den Darm unterstützen. Auch kleine Vollkornstangerl, ein belegtes Vollkornbrot mit mildem Käse oder Avocado oder ein Stück selbst gebackenes Gebäck aus Emmer- oder Einkornmehl sind wunderbare Alternativen, die nicht nur besser nähren, sondern Kinder auch an abwechslungsreiche, geschmackvolle Getreide gewöhnen. Selbst kleine Muffins oder Waffeln, die teilweise aus Vollkornmehl bestehen und mit etwas Obst gebacken wurden, können ein guter Snack für unterwegs sein. Entscheidend ist, dass das Lebensmittel mehr bietet als schnelle Stärke: mehr Nährstoffe, mehr Sättigung, mehr echte Substanz.
Kinder müssen nicht perfekt essen. Aber sie profitieren enorm davon, wenn sie früh im Leben erleben, dass ein Snack nicht nur füllen, sondern auch nähren kann. Die Laugenbreze darf natürlich weiterhin ihren Platz haben – als gelegentlicher Genuss, nicht als alltägliche Lösung.
Zurück zu echten Lebensmitteln – und zu echter Entscheidungsfreiheit
Am Ende geht es in all diesen Überlegungen nicht darum, Angst zu machen oder bestimmte Lebensmittel zu verbieten. Es geht nicht darum, die Laugenbreze zum Feind zu erklären oder Weißmehl zu dämonisieren. Es geht um etwas viel Wichtigeres – darum, den Blick wieder dafür zu öffnen, wie sehr wir selbst beeinflussen können, womit wir unseren Körper und den unserer Kinder nähren.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten verlernt, darüber nachzudenken, wo unser Mehl herkommt oder wie unser Brot eigentlich entsteht. Die industrielle Lebensmittelwelt hat uns vieles abgenommen – Bequemlichkeit, Zeit, aber eben auch ein Stück Souveränität. Der Kern dieser Reise zurück zu ursprünglicheren Getreiden und echteren Lebensmitteln bedeutet deshalb vor allem eines: wieder selbst entscheiden zu dürfen.
Es ist kein Hexenwerk, Brot zu backen. Im Gegenteil: Es ist eine beinahe beruhigende Tätigkeit, die uns wieder erdet. Mehl, Wasser, Salz, vielleicht etwas Sauerteig – und schon entsteht etwas, das verbindet, nährt und unglaublich viel mehr Charakter besitzt als das durchschnittliche Industriebrötchen. Die ersten Versuche müssen nicht perfekt sein. Es geht auch nicht darum, ab morgen alles selbst zu machen. Es geht darum, zu spüren, wie viel Freude in einfachen, echten Lebensmitteln steckt, wenn man sich ihnen wieder nähert.
Und gleichzeitig darf Entspannung mit an den Tisch kommen. Niemand muss mit schlechtem Gewissen eine Pizza beim Italiener essen. Niemand muss sich schuldig fühlen, wenn die Breze auf dem Spielplatz doch einmal die schnellste Lösung ist. Unser Körper verkraftet problemlos eine Pizza, eine Portion Pasta oder ein Stück Kuchen – es ist das tägliche Muster, das zählt, nicht der einzelne Genussmoment. Essen soll nähren, aber auch Freude machen, verbinden, duften, knuspern und glücklich machen. Ein ausgewogener Alltag verträgt kleine Ausnahmen nicht nur – er lebt von ihnen.
Dieser Artikel möchte deshalb keine Panik schüren, sondern Bewusstsein schaffen. Er möchte zeigen, dass es Alternativen gibt, dass Vielfalt existiert und dass wir nicht an industrielle Standardisierung gebunden sind. Alte Getreidesorten, regionale Bauern, frisches Vollkornmehl – all das sind Möglichkeiten, die uns wieder ein Stück Kontrolle zurückgeben. Wir müssen nicht alles ändern, sondern nur anfangen, wieder Fragen zu stellen: Woher kommt mein Brot? Wie wurde das Korn angebaut? Welche Sorten gibt es außer Weizen? Und was tut meinem Körper wirklich gut?
Die Entscheidung soll wieder beim Endverbraucher liegen. Nicht bei der Industrie, nicht bei Trends, nicht bei Marketingversprechen. Und genau darin liegt eine enorme Freiheit: Jeder kleine Schritt – ein Emmerbrot am Wochenende, ein Vollkornbrötchen für die Kinder, ein bewusster Einkauf beim regionalen Müller – ist wertvoll. Und jeder Genussmoment bleibt erlaubt.
Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, wach zu sein. Und darum, sich selbst und seine Familie mit Lebensmitteln zu versorgen, die nicht nur satt machen, sondern wirklich nähren.



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